HIDDEN ANGLES oder Agentinnen für Vorstellungskraft
Aus dem geschlossenen Container sind Klopfgeräusche, Schritte und Gesänge zu hören. Ein Container ist offen und zeigt eine Fotografie aus dem Anatomieunterricht der Kunstakademie aus den 1920er Jahren. Die menschliche Stimme schafft einen transzendalen Moment in der Immanenz des Ortes und der Container. Die Container oder deren Bewohner:innen beginnen miteinander zu kommunizieren. Ihr Gesang überwindet die Grenzen der Isoliertheit und verspricht Erlösung.
Das Werk Hidden Angles beginnt mit dem Ort, dem Innenhof der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Historisch wurde die anliegende, heutige Handeinbandwerkstatt als Lehrraum für den Anatomieunterricht benutzt. In dreieckiger Form zwischen Gebäuden gelegen, deren Architektur auf Repräsentation ausgelegt ist. Dieser Hof stellt einen Andersort dar, eine Heterotopie in der Topologie der Hochschule und Ausstellungsgebäuden. Ein Ort, der nicht gesehen werden soll, unzugänglich für die Öffentlichkeit. Ein Ort an dem Dinge abgestellt werden, die nicht gebraucht werden, aber dennoch bleiben und wiederkehren. Zentral dienen dafür die im Hof abgestellten Container. Sie sind Lagerraum für Möbel, Staffeleien und Kunst, aber auch Symoblträger von Warentransport, Agentinnen für globalen Kapitalismus, Orte des temporären Wohnen als Reaktion auf die Gentrifizierung der Städte, mobile Grenzposten und Verstecke für Menschen, die in Containern transportiert werden, versuchen Grenzen zu überwinden und auch darin sterben. Container sind abgeschlossenen. Sie haben eine klare Grenze zwischen Innen und Außen, sind mobil und unflexibel; ihr universelles Äußeres, nichtet den Inhalt. Basierend auf Texten von Donna Haraway, Michel Foucault, Konstantin Köstlin und Alexander Close ist, mit der Methode der Montage, ein Text entstanden, der Fragen stellt.
Welches Denken manifestiert sich in Containern? Was für ein Menschenbild steckt in einem Container? Welche Verbindung haben ein menschlicher Körper und ein metallener Corpus? Wie kann Isoliertheit von Individuen im Neoliberalismus und in der Pandemie überwunden werden? Was macht es, einen Körper auseinander zu nehmen und neu zusammen zu setzen? Worauf basiert das westliche Wissen? Wer hat den Boden bereitet, auf dem wir heute stehen? Welche Opfer wurden gebracht, die wir vergessen haben, oder nie als diese anerkannten? Welche Leichen liegen im Keller? Welches Potenzial haben Andersorte?